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Islâmische Lebensweise - Teil 2: Der Glaube, Sein Wesen und seine Charakteristika

Doch hier kommt die Frage des Tauschhandels nun ins Spiel: dieser Tauschhandel bedeutet nicht, dass Gott etwas einhandelt, was dem Menschen gehört, vielmehr verhält es sich in Wirklichkeit so: die gesamte Schöpfung gehört Gott, doch hat Er dem Menschen gewisse Gaben mitgegeben, damit er sich ihrer als von Gott Anvertrautem bediene. Und dem Menschen wurde die Freiheit eingeräumt, dies ihm Anvertraute aufrichtig zu verwalten, sofern er dies wünscht, oder aber das Vertrauen zu hintergehen und die Gaben zu missbrauchen.

Der Glaube: Sein Wesen und seine Charakteristika I

 

Wir haben vorstehend die grundsätzlichen Voraussetzungen des Islâm behandelt, die einerseits den Plan erläutern, nach dem Gott dem Menschen Rechtleitung in dieser Welt zuteil werden lässt, und andererseits das Wesen des Menschen und seine Stellung sowie den Sinn seines Daseins auf Erden bestimmen.

 

Nun kommen wir zur Untersuchung der Grundlagen, auf denen der Qurân das Verhältnis des Menschen zu Gott zu entwickeln sucht, und der Lebensauffassung, die sich ganz natürlich aus diesem Verhältnis ergibt. Der Qurân befasst sich vielfach mit diesen Grundfragen, doch die insgesamt in ihm dargelegte Lebensauffassung findet ihren höchsten Ausdruck in dem folgenden Vers:

 

{Allâh hat von den Gläubigen ihre eigene Person und ihren Besitz dafür erkauft, dass ihnen der (Paradies)garten gehört: Sie kämpfen auf Allahs Weg, und so töten sie und werden getötet. (Das ist) ein für Ihn bindendes Versprechen in Wahrheit in der Tora, dem Evangelium und dem Qurân. Und wer ist treuer in (der Einhaltung) seiner Abmachung als Allâh? So freut euch über das Kaufgeschäft, das ihr abgeschlossen habt, denn das ist der großartige Erfolg!} [Sûra 9:111]

 

In dem hier angeführten Vers wird das Verhältnis, das zwischen dem Menschen und Gott durch den Glauben (arabisch Imân) entsteht, als “Kaufgeschäft”  charakterisiert. Das bedeutet, dass der Glaube an Gott nicht lediglich eine metaphysische Vorstellung ist; er ist vielmehr seinem Wesen nach ein Vertrag, durch den der Mensch sein Leben und sein Hab und Gut bei Gott gegen das Paradies im jenseitigen Leben eintauscht. Gott erkauft also sozusagen Leben und Eigentum des Gläubigen und verspricht ihm dafür als Preis die Belohnung des Paradieses im Leben nach dem Tod. Dieser Begriff des Handels zieht wichtige Folgerungen nach sich und wir sollten darum zunächst einmal Folgendes verstehen.

 

Unbestreitbare Tatsache ist, dass absolut alles in dieser Welt Gott gehört. Er ist der wirkliche Eigentümer aller Dinge. Folglich gehören auch Leben und Besitz des Menschen, die ein Teil dieser Welt sind, ihm, denn Er ist es, Der sie erschaffen hat und Er ist es, Der sie jedem Menschen zu seinem Gebrauch zugeteilt hat.

 

Wenn man das Problem von diesem Blickwinkel aus betrachtet, erhebt sich die Frage irgendwelchen Verkaufs oder Kaufs überhaupt nicht. Gott ist der tatsächliche Eigentümer; darum gibt es ein Kaufen dessen, was schon Sein ist, eigentlich nicht: der Mensch ist nicht der wirkliche Besitzer, darum steht ihm auch nicht das Recht des Verkaufens zu. Doch es gibt eines, was dem Menschen übertragen worden ist und ihm nun ganz und gar gehört, und das ist sein freier Wille, die Freiheit, sich dafür zu entscheiden, den Weg Gottes zu befolgen oder nicht. Da der Mensch in dieser Hinsicht mit freiem Willen ausgestattet worden ist, steht es ihm frei, die wirklichen Gegebenheiten anzuerkennen oder nicht anzuerkennen.

 

Obwohl die Willens- und Entscheidungsfreiheit, die der Mensch besitzt, ihn nicht automatisch zum tatsächlichen Besitzer all der Kräfte und Hilfsmittel macht, die ihm zur Verfügung stehen, und er auch nicht das Recht hat, sich ihrer vollkommen willkürlich zu bedienen, und obwohl seine Anerkennung der letztlichen Wirklichkeit oder seine Weigerung, sie anzuerkennen, diese Wirklichkeit als solche in keiner Weise beeinträchtigt, so bedeutet es doch, dass es ihm freisteht, die Oberherrschaft Gottes anzuerkennen sowie Seine Verfügungsgewalt über das eigene Leben und Eigentum, oder aber dass er sich weigert, diese anzuerkennen und sich anmaβt, es stehe ihm völlige Unabhängigkeit zu. Er kann, sofern er will, sich als frei von jeglichen Verpflichtungen seinem Herrn gegenüber betrachten und meinen, dass ihm sämtliche Rechte und die Herrschaftsgewalt über alles zustehe, was er hat, und dass er sich daher all dessen seinen eigenen Wünschen entsprechend bedienen könne, ohne dass ein höheres Gesetz ihm Beschränkungen auferlegt.

 

Doch hier kommt die Frage des Tauschhandels nun ins Spiel: dieser Tauschhandel bedeutet nicht, dass Gott etwas einhandelt, was dem Menschen gehört, vielmehr verhält es sich in Wirklichkeit so: die gesamte Schöpfung gehört Gott, doch hat Er dem Menschen gewisse Gaben mitgegeben, damit er sich ihrer als von Gott Anvertrautem bediene. Und dem Menschen wurde die Freiheit eingeräumt, dies ihm Anvertraute aufrichtig zu verwalten, sofern er dies wünscht, oder aber das Vertrauen zu hintergehen und die Gaben zu missbrauchen. Gott verlangt nun, dass der Mensch bereitwillig und aus freien Stücken (und nicht unter Druck oder Zwang) die Dinge als die Seinen anerkenne, die Ihm auch tatsächlich gehören, und dass er sie als von Gott Anvertrautes benutze und nicht als etwas ihm Gehörendes, dessen er sich so bedienen kann, wie es ihm beliebt.

 

Daher veräuβert ein Mensch, der freiwillig darauf verzichtet, von der Freiheit, Gottes Oberherrschaft zu bestreiten, Gebrauch zu machen und stattdessen Seine Herrschaftsgewalt anerkennt und erhält dafür von Gott als Gegengabe das Versprechen der ewigen Glückseligkeit, die das Paradies ist. Ein Mensch, der einen solchen Tauschhandel eingeht, ist ein Gläubiger, ein Mu’min und Imân (Glaube) ist der islâmische Name für diesen Handelsvertrag; während derjenige, der nicht bereit ist, einen solchen Vertrag einzugehen oder, nachdem er diesen Vertrag abgeschlossen hat, ein Verhalten an den Tag legt, das dazu im Widerspruch steht und einem krassen Vertragsbruch gleichkommt, ein Ungläubiger  ist und sein Versuch, den Vertrag zu umgehen oder abzuändern, mit dem Begriff Unglaube bezeichnet wird.

 


Quelle: islamweb.net