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Das Verhalten bei Meinungsverschiedenheiten im Islâm

«„Wahrlich, ich bin gesandt worden, um die edlen Charaktereigenschaften zu vervollkommnen."»

Der Islâm hat hohe Maßstäbe festgelegt, wie der Muslim, der der prophetischen Sunna folgt, mit seinem Bruder, mit dem er Meinungsverschiedenheiten hat, bezüglich eines Idschtihâd (Urteilsfindung), umgehen soll.

 

Wie ausgezeichnet ist die Aussage des Gesandten Allâhs : «„Wahrlich, ich bin gesandt worden, um die edlen Charaktereigenschaften zu vervollkommnen."»  (Al-Buchârî)

 

Zu diesen Charaktereigenschaften gehören:

 

1. Ein offenes Herz zu haben und es zu akzeptieren, wenn dein Bruder im Islâm dich auf einige Fehler hinweist, die du begangen hast und zu wissen, dass dies ein aufrichtiger Rat ist, den er dir als Geschenk für Allâhs Wohlgefallen gibt. Dies bezeichnet man als Bescheidenheit. Es jedoch abzulehnen, die Wahrheit zu akzeptieren und in Folge dessen wütend zu werden, ist Hochmut.

 

Gewiss, die wahrhaftigste Person überhaupt, Muhammad , sagte: «„Hochmut ist, die Wahrheit abzulehnen und andere zu verachten.“» (Muslim)

 

Es gibt viele Beispiele für Bescheidenheit, die uns unsere frommen Vorfahren gegeben haben; zu diesen gehört das, was Al-Hâfith Ibn Abdulbarr, ein berühmter muslimischer Gelehrter, einst berichtete: "Einige Leute berichteten mir, dass Abu Muhammad Qâsim ibn Asbagh sagte: »Als ich in den Osten reiste, hielt ich in Qairawân (in Tunesien) an und hörte einen Hadîth, den Musaddad von Bakr ibn Hammâd auswendiggelernt hatte. Ich ging dann weiter nach Baghdâd und blieb dort für eine gewisse Zeit.

 

Als ich Baghdâd verließ, kehrte ich zu ihm (Bakr) zurück, um den Hadîth von Musaddad zu vervollständigen: eines Tages las ich ihm daher den Hadîth des Propheten Möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken vor:  «Leute der Mudar (ein berühmter arabischer Stamm) kamen in gestreiften Hemden aus Wolle. (auf Arabisch: Mudschtâbi An-Nimar). Er sagte zu mir: 'Es heißt Mudschtâbi At-Thimar.» ' Daraufhin sagte ich: 'Allen, denen ich den Hadîth in Andalus (Andalusien) und im Irak vorgelesen habe, las ich »Mudschtâbi An-Nimar« vor.'

 

Daraufhin sagte er (Bakr) zu mir: 'Als du in den Irak gegangen bist, hast du uns also zuwider gehandelt und bist uns gegenüber arrogant geworden.' Dann sagte er: 'Lass uns zu diesem Scheich (Gelehrten) gehen' – ein Scheich, der in der Moschee war – 'da er über entsprechendes Wissen verfügt.' Dann ging ich mit ihm und wir fragten ihn nach dieser Sache, woraufhin er antwortete: 'Es heisst Mudschtâbi An-Nimar, so wie du es sagtest. Sie trugen für gewöhnlich den »Nimar« (gestreifte Kleidung) mit Taschen auf der Vorderseite und Nimar ist der Plural von Nâmira. Bakr ibn Hammâd sagte daraufhin, während er seine Nase zuhielt: »Meine Nase senkt sich zur Wahrheit, meine Nase demütigt sich zur Wahrheit« und ging dann fort.'"

 

Siehst du dieses unglaubliche Gerechtigkeitsverständnis? Wie dringend benötigen wir so etwas heute! Dies ist jedoch nur möglich, wenn man seine Absichten für Allâhs Wohlgefallen rein hält. Der Imâm Mâlik, der Gründer einer der vier islâmischen Rechtsschulen , sagte: "Es mangelt in unserer Zeit an nichts mehr als an Gerechtigkeit."

 

Wie ist es dann erst in unserer heutigen Zeit, einer Zeit, in der es massenhaft falsche Begierden gibt? Wir ersuchen Schutz bei Allâh vor irreführenden Versuchungen.

 

2. Die schönsten und passendsten Worte beim Diskutieren und Debattieren mit einem Bruder zu verwenden, da Allâh der über alles Erhabene sagt :

 

{"...Und sagt Gutes zu den Menschen…"}   [Sûra 2:83]

 

Abu Dardâ  berichtete, dass der Prophet  sagte: «„Es gibt nichts, das am Tag des Gerichts schwerer in den Waagen der Gläubigen sein wird, als ein guter Charakter. Wahrlich, Allâh hasst die bösen und die schlecht sprechenden Menschen.“»  (Abû Dâwûd)

 

3. Einen Bruder soll man bei Diskussionen auf die beste Art und Weise widerlegen, da dies angemessener ist. Deine Richtlinie sollte dabei immer die Wahrheit und deren Findung sein und nicht das Streben nach dem eigenen Sieg.

 

Man sollte aufrichtig reden. Wenn man spürt, dass man mit seinem Bruder streiten wird, gibt man den Friedensgruß (Salâm) und erinnert ihn an die Aussage des Propheten : «„Ich bin ein Garant für ein Haus in den Anhöhen des Paradieses für denjenigen, der es meidet zu streiten, auch wenn er im Recht ist.“»  (Abû Dawûd)

 

Abdullâh ibn Hasan  sagte: "Diskussionen verderben die Freundschaft und lösen die engsten Bindungen. Der geringste Schaden, den sie dabei mit sich bringen, ist Streit, und Streit führt zum Abbruch der Beziehungen."

 

Dscha'far ibn Auf  sagte: "Ich hörte Misâr zu seinem Sohn Qidâm sagen: »Ich gebe dir einen Ratschlag, o Qidâm; deshalb höre einem anteilnehmenden Vater zu. Lasse das Scherzen und das Diskutieren; dies sind Eigenschaften, die ich an einem Freund nicht gutheiße. Ich habe sie ausprobiert und empfand, dass sie nicht lobenswert sind, weder für einen Nachbarn noch für einen engen Freund."

 

Unsere frommen Vorfahren  haben uns großartige Beispiele für das Verhalten bei Meinungsverschiedenheiten hinterlassen; zu diesen gehört die Überlieferung von Imâm Al-Buchârî und Muslim über Husain ibn Abdurrahmân , der sagte: "Ich war mit Sa'îd ibn Dschubair zusammen, als er fragte: »Wer von euch hat die Sternschnuppen letzte Nacht gesehen?« Ich antwortete: »Ich.« Dann sagte ich:»Nicht weil ich zu dieser Zeit betete, sondern weil ich von einem Skorpion gestochen wurde.« Er fragte: »Was hast du dann gemacht?« Ich antwortete:»Ich vollzog eine Ruqya (sich selbst oder andere heilen, indem man Verse des Qurân oder prophetische Bittgebete rezitiert.)« Er fragte: »Warum hast du das getan?« Ich sagte »Aufgrund eines Hadîths, der mir von As-Scha'bi erzählt wurde.« Er fragte: »Was erzählte er dir?« Ich antwortete: »Er berichtete, dass Buraida ibn Al-Husain sagte: 'Es gibt keine Ruqya außer für das böse Auge oder einen Stich.'« Sa'îd sagte: »Es war gut, dass er gezögert hat zu berichten, was er (an Wissen) gehört hatte. Trotzdem berichtete uns Ibn 'Abbâs (und er fuhr fort, den Hadîth zu berichten)...«" (somit korrigierte er die kürzere Version des eben genannten Hadîths)

 

Schau dir dieses wunderbare Verhalten von jemandem an, der Wissen von Ibn Abbâs  geerbt hat. Er war nicht harsch; vielmehr war er freundlich zu der anderen Person, da diese aufgrund von Beweisen handelte. Dann erklärte er ihm mit einer freundlichen Berichtigung, die auf Beweisen beruht, was besser ist.

 

(Zusammengefasst von einem Artikel von Scheich Sâlim ibn Sâlih Al-Marfadî)


Quelle: www.islamweb.net