Wie oft erkennen wir bei anderen Menschen negatives Verhalten, sehen, wenn jemand etwas falsch macht, kritisieren andere persönlich oder, noch schlimmer, wir besprechen die Fehler und Schwächen anderer mit unseren Freunden.
Warum sieht man Fehler bei den anderen, selten aber bei sich selbst?
Oder vielleicht ist gerade das eine gute Strategie, um nicht über die eigenen Unzulänglichkeiten nachdenken zu müssen.
Abu Huraira berichtete, dass der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) gesagt hat: „Zum guten Islam eines Mannes gehört, dass er das lässt, was ihn nichts angeht." Darunter fällt auf jeden Fall das Reden über andere Menschen.
Um seinen eigenen Charakter zu verbessern muss man zuerst wissen, wo die eigenen Schwächen liegen und vor allem muss man sich verdeutlichen, wie denn eigentlich der Idealfall aussehen soll.
Dazu sollte man folgendermaßen vorgehen:
Man muss sich Wissen über die Religion aneignen, damit man weiß, was richtig und was falsch ist. Dazu hilft es sehr, Geschichten über Propheten und Rechtschaffene zu lesen. So erkennt man also das Soll-Verhalten.
Man muss sich immer zur Rechenschaft ziehen, damit man nicht unaufmerksam wird und sich Sünden unbemerkt bei einem einschleichen. Sind sie einmal zur Gewohnheit geworden, empfindet der Betreffende das entsprechende sündige Verhalten oft gar nicht mehr als Sünde. Durch diese Analyse der eigenen Persönlichkeit erkennt man sein eigenes Ist-Verhalten.
Man muss einen dschihad (Anstrengung) gegen das eigene Ego führen, bis man sein eigenes Ist-Verhalten an das Soll-Verhalten angeglichen hat.
Das tägliche sich selbst zur Rechenschaft ziehen sollte immer zur gleichen Zeit erfolgen, am besten vor oder nach dem Nachtgebet.
Umar (möge Allah mit ihm zufrieden sein) sagte: „Zieht euch selbst zur Rechenschaft, bevor ihr zur Rechenschaft gezogen werdet und wägt selbst eure Taten, bevor sie gewogen werden." Noch haben wir die Chance dazu, wir sollten diese nützen.
Folgende Liste bietet genug Anhaltspunkte, nach denen man sich selbst kontrollieren kann.
Habe ich bei allen meinen Taten Ikhlas (Aufrichtigkeit gegenüber Allah) gehabt?
Mahmud bin Labid berichtete: Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) hat gesagt: „Was ich am meisten für euch fürchte ist der kleine Götzendienst (arab. schirk)", worauf sie fragten. „Was ist denn der kleine Götzendienst, o Gesandter Allahs?", worauf er sagte: „Die Augendienerei (arab. rijā'). Allah, der Erhabene, wird am Tag der Auferstehung, wenn den Menschen ihre Belohnung für ihre Taten gegeben wird, sagen: „Geht zu denen, für die ihr im irdischen Leben eure Taten verrichtet habt und schaut mal, ob ihr eine Belohnung von ihnen bekommt!"."
Hilfe: versuche, bevor du eine Tat ausführst, an Allah zu denken. Nimm dir vor, dies für Allah zu machen. Mach öfters Dua: Z. B. O Allah, mach, dass ich diese Tat nur für Dich allein tue; o Allah, mach, dass dadurch der Islam stark wird,..., o Allah, mach diese meine Tat zu einer Wohlfahrt für die Menschheit usw.
Falls es einem passiert ist, etwas aus Augendienerei (der kleine Schirk) getan zu haben, folgendes Dua des Propheten (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) sprechen: „O Allah, wir suchen Zuflucht bei Dir vor dem, was wir Dir wissentlich beigesellen und bitten Dich um Verzeihung für das, was wir Dir unwissentlich beigesellen."
War ich immer demütig oder habe ich mich selbst toll gefunden?
Habe ich mit meinen Taten geprahlt?
Hilfe: Folgendes Dua morgens und abends sprechen: „O Allah, das, was ich oder irgend jemand von deinen Geschöpfen an Gutem habe, das ist von Dir alleine, du hast keinen Teilhaber daran. Und Dir gebührt das Lob und Dir gebührt der Dank"
Sich immer bewusst machen, dass man selbst nichts dafür kann, so intelligent/reich/schön/erfolgreich... zu sein, sondern es nur eine Prüfung von Allah ist.
Habe ich üble Nachrede (ghiba) gemacht (Habe ich schlecht über andere Muslime gesprochen – auch, wenn dies stimmte)?
Allah, der Erhabene, hat die üble Nachrede mit dem Essen vom Fleisch der entsprechenden Person verglichen: „O ihr, die ihr Iman habt! Vermeidet häufigen Argwohn; denn mancher Argwohn ist Sünde. Und spioniert nicht und führt keine üble Nachrede übereinander. Würde wohl einer von euch gerne das Fleisch seines toten Bruders essen? Sicher würdet ihr es verabscheuen. So fürchtet Allah. Wahrlich, Allah ist Gnädig, Barmherzig." [49:12]
Abu Huraira berichtete, dass der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) fragte: "Wisst ihr, was üble Nachrede (arab. ghiba) ist?", da sagten sie: „Allah und Sein Gesandter wissen es am besten", da sagte er: „Wenn du über deinen Bruder etwas erwähnst, was ihm verhasst ist", worauf sie fragten: „Und wenn es stimmt, was ich über meinen Bruder sage, o Gesandter Allahs?" Da sagte er: „Wenn es stimmt, was du über deinen Bruder sagst, dann hast du ihm übel nachgeredet, und wenn es nicht stimmt, dann hast du ihn verleumdet (arab. bahattah)".
Sei dir bewusst: Die Ursache dafür ist oft Neid oder dass man sich selbst hervorheben will. Diese Sünde verzeiht Allah nur, wenn der, über den du ghiba gemacht hast, dir auch verzeiht – und das kannst du nicht garantieren!
Habe ich meine Zunge gehütet vor schlechtem/ordinärem/überflüssigem Reden?
Abdullah berichtet, dass der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) gesagt hat: „Ein (vollkommener) Mu'min beschuldigt nicht ständig die Leute, flucht nicht ständig, tut und spricht nichts Vulgäres und Unanständiges und ist nicht schamlos."
Habe ich meinen Blick gesenkt vor Verbotenem?
Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete Der Prophet, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: Wahrlich, Allah bestimmte dem Sohn Adams seinen Anteil an Unzucht vor, den er unausweichlich begehen wird: Denn die Unzucht der Augen ist der Blick, die Unzucht der Zunge ist ihre Aussprache. Der Mensch wünscht und begehrt. Maßgebend jedoch ist, ob die Geschlechtsteile bei entsprechender Wahrnehmung benutzt werden oder nicht.
War ich gut zu meinen Eltern? Habe ich mich nach ihnen erkundigt, gefragt, wie es ihnen geht, sie besucht oder geholfen, wenn sie es benötigten? Habe ich für meine Eltern gebetet?
Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: "Ein Mann kam zum Gesandten Allahs, Allahs Segen und Friede auf ihm, und sagte: »O Gesandter Allahs, wer hat am meisten Anspruch auf meine gütige Kameradschaftlichkeit?« Der Prophet sagte: „Deine Mutter!" Der Mann fragte weiter: „Wer sonst?" Der Prophet sagte: „Deine Mutter!" Der Mann fragte weiter: „Wer sonst?" Der Prophet sagte: „Deine Mutter!" Der Mann fragte weiter: „Wer sonst?" Der Prophet sagte: „Dann dein Vater!"
Habe ich das Frühgebet zur richtigen Zeit gebetet?
Habe ich die übrigen Gebete zur richtigen Zeit gebetet?
Abu Huraira, Allahs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: „Wenn die Menschen die Belohnung für das Sprechen des Gebetsrufs und für das Stehen in der ersten Reihe (beim Gemeinschaftsgebet) wüssten und keine andere Möglichkeit finden würden, dies unter sich zu teilen außer durch Auslosung, so würden sie das Los entscheiden lassen! Und wenn sie von der Belohnung für die unmittelbare Verrichtung des Mittagsgebets bei dessen Fälligkeit wüssten, so würden sie darüber wettrennen, und wenn sie von der Belohnung für die Verrichtung des Nachtgebets und des Morgengebets in der Gemeinschaft wissen würden, so würden sie sich dafür (in die Moschee) begeben, selbst wenn sie bis dahin kriechen müssten."
Habe ich mein tägliches Pensum an Koranlesen verrichtet?
Hilfe: Lege dir selbst fest, z. B. jeden Tag mindestens 1, 2, ... Seiten vom Koran zu lesen. Denke dabei darüber nach, was du gelesen hast.
Abdullah ibn Mas'ud berichtete: Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) hat gesagt: „Wer einen Buchstaben aus dem Buche Allahs liest, hat den Lohn für eine (vollbrachte) gute Tat, und eine gute Tat wird zehnfach vergolten werden. Ich sage nicht, Alif-Lām-Mīm ist ein Buchstabe, sondern; Alif ist ein Buchstabe, Lām ist ein Buchstabe, und Mīm ist ein Buchstabe".
Habe ich qijām al-lail (freiwilliges Nachtgebet) gemacht?
Hilfe: 2 rak'at nach dem ischa-Gebet (vor dem Witr) brauchen einen nur fünf Minuten zu kosten und machen einen stark am nächsten Tag.
Habe ich die Sunna-Gebete gemacht?
Habe ich Dua (Bittgebet) für andere Muslime gemacht?
Einmal sagte Ahmad ibn Hanbal zum Sohn von Schafii: „Dein Vater ist einer der 6 Leute, für die ich jede Nacht zur Zeit des ishar (letztes Drittel der Nacht) Dua mache."
Habe ich etwas für meine islamische Weiterbildung getan?
Allah, der Erhabene, betont im Koran die Wichtigkeit des Wissens: „... Sprich: Sind etwa diejenigen, welche wissen, und jene, welche nicht wissen, gleich?" [39:9]
Und Abu Huraira (möge Allah mit ihm zufrieden sein) berichtete: Der Gesandte Allahs (Allahs Segen und Frieden seien auf ihm) hat gesagt:
"Wer einen Weg beschreitet, um Wissen zu erlangen, dem wird Allah deswegen einen Weg zum Paradies leicht machen."
Habe ich etwas für die Dawa getan?
Die Einladung der Nichtmuslime zum Islam ist ein Auftrag von Allah an die muslimische Gemeinschaft.
Habe ich etwas für die islamische Umma (Gemeinschaft) getan?
Diese Liste soll nur ein Anfang sein, wie wir uns mit unseren eigenen Schwächen auseinandersetzen können und ein Versuch, uns diese selbst bewusst zu machen. Nur wenn man weiß, was man falsch macht, kann man daran arbeiten und sich ändern.
'Abdullah Ibn 'Amr, Allahs Wohlgefallen auf beiden, berichtete: „Der Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm, war nicht unzüchtig und sprach keine schlechten Worte. Er pflegte zu sagen: „Die besten von euch sind diejenigen, die den besten Charakter haben."" [Sahih Al-Bucharyy Nr.
3559]
Ibn 'Umar pflegte zu sagen: „Wenn der Abend kommt, erwarte nicht den Morgen, und wenn der Morgen kommt, erwarte nicht den Abend. Nimm von deiner Gesundheit für deine Krankheit und von deinem Leben für deinen Tod."
Ist es im Hinblick darauf nicht höchste Zeit für uns, endlich unser Leben und die Vervollkommnung unseres Charakters selbst in die Hand zu nehmen?
Sylvia Mittendorfer
: http://alumma.wordpress.com
: Sylvia Mittendorfer