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Die Grundkonzepte im Islâm - Teil 9

 


Es ist allgemein bekannt, dass Menschen, denen gelehrt wird, unter allen Umständen zu vergeben, ihre Lehren nicht praktizieren und wahrscheinlich nicht praktizieren können, da dies auf lange Sicht weder im Interesse der Menschheit noch im Interesse der Moralität selbst ist. Gleichermaßen haben Menschen, denen gelehrt wird, streng Vergeltung zu üben, wenig oder kaum Respekt für menschliche Tugenden und kümmern sich weniger um moralische als um allgemeingültige Regeln.

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{Und Wir gaben ja Luqman Weisheit: „Sei Allâh dankbar." Und wer dankbar ist, der ist nur zu seinem eigenen Vorteil dankbar. Und wer undankbar ist, - so ist Allâh Unbedürftig und Lobenswürdig. Und (gedenke,) als Luqman zu seinem Sohn sagte, indem er ihn ermahnte: „O mein lieber Sohn, geselle Allâh nicht(s) bei, denn Götzendienst ist fürwahr ein gewaltiges Unrecht." Und Wir haben dem Menschen seine Eltern anbefohlen - seine Mutter hat ihn unter wiederholter Schwäche getragen, und seine Entwöhnung (erfolgt) innerhalb von zwei Jahren -: „Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist der Ausgang." Wenn sie sich aber darum bemühen, dass du Mir das beigesellst, wovon du kein Wissen hast, dann gehorche ihnen nicht, doch geh mit ihnen im Diesseits in rechtlicher Weise um. Und folge dem Weg dessen, der sich Mir reuig zuwendet. Zu Mir wird hierauf eure Rückkehr sein, da werde Ich euch kundtun, was ihr zu tun pflegtet. O mein lieber Sohn, gewiss, wäre es auch das Gewicht eines Senfkorns und befände es sich in einem Felsen oder in den Himmeln oder in der Erde, bringt es Allâh bei. Gewiss, Allâh ist Feinfühlig und Allkundig. „O mein lieber Sohn, verrichte das Gebet, gebiete das Rechte und verbiete das Verwerfliche und ertrage standhaft, was dich trifft. Gewiss, dies gehört zur Entschlossenheit (in der Handhabung) der Angelegenheiten. Und zeige den Menschen nicht geringschätzig die Wange und gehe nicht übermütig auf der Erde einher, denn Allâh liebt niemanden, der eingebildet und prahlerisch ist. Halte das rechte Maß in deinem Gang und dämpfe deine Stimme, denn die widerwärtigste der Stimmen ist wahrlich die Stimme der Esel.} [Sûra 31:12-19].

 

{O die ihr glaubt, berauschender Trank, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind nur ein Greuel vom Werk des Satans. So meidet ihn, auf dass es euch wohl ergehen möge! Der Satan will (ja) zwischen euch nur Feindschaft und Hass säen durch berauschenden Trank und Glücksspiel und euch vom Gedenken Allâhs und vom Gebet abhalten. Werdet ihr (damit) nun wohl aufhören?} [Sûra 5:90-91].

 

{Sondern trachte mit dem, was Allâh dir gegeben hat, nach der jenseitigen Wohnstätte, vergiss aber auch nicht deinen Anteil am Diesseits. Und tu Gutes, so wie Allâh dir Gutes getan hat. Und trachte nicht nach Unheil auf der Erde, denn Allâh liebt nicht die Unheilstifter.} [Sûra 28:77]. 

 

Diese Auswahl kann durch viele weitere Textstellen aus dem Qurân und aus den Überlieferungen Muhammads gestützt werden. An sich genügt sie jedoch für eine Darstellung der grundlegenden Moralvorstellungen des Islâm. Diese islâmischen Moralvorstellungen sind in jedem Fall einzigartig. Sie sind von Gott nicht lediglich eingeführt, um gelegentlich bewundert zu werden, sondern um durchgesetzt und wirksam zu werden. Sie sollen dem Individuum bei der Entwicklung seiner Persönlichkeit helfen, bei der Veredelung seines Charakters auf mustergültigste Weise, bei der Festigung seiner Bindungen und bei der Konsolidierung seiner Verbindung zu Gott - der Quelle aller Güte. Die islâmischen Morallehren wurden auf keinen Fall konzipiert, um den Menschen einzuschüchtern oder passiv oder gleichgültig zu machen. Ein Beispiel kann diesen Punkt veranschaulichen: Wenn ein Muslim geschädigt oder unterdrückt wird, hat er die freie Wahl, sich entweder zu wehren und in gleicher Weise Vergeltung zu üben, oder zu vergeben und Gott die Folgen, die sich aus diesen Taten ergeben, zu überlassen. Er weiß, dass er dazu berechtigt ist, eine der beiden Maßnahmen zu ergreifen und er weiß auch, dass es besser für ihn ist, zu vergeben. Vergibt er, so tut er dies demnach aus freier Entscheidung und um der Liebe zu Gottes willen. Übt er Vergeltung, so übertritt er ebenfalls nicht das Gesetz und handelt nicht ungerecht. Er verteidigt seine Rechte, eine Geisteshaltung, die an sich eine unantastbare Verpflichtung darstellt und die rechtmäßigen Autoritäten dabei unterstützt, für Ordnung und Gerechtigkeit zu sorgen. Würde der Islâm absolute Vergebung fordern, wie es einige andere Glaubensrichtungen theoretisch tun, wären viele undisziplinierte Menschen dazu verleitet, Verwerfliches zu tun und alle Grenzen zu überschreiten. Würde der Islâm einzig Vergeltung fordern, wie es einige andere Glaubensrichtungen schonungslos lehren, gäbe es weder Platz für Barmherzigkeit und Geduld noch für spirituelle Weiterentwicklung und moralische Reife. In diesem Fall würden viele schöne Eigenschaften des Menschen verebben und viele moralische Potenziale niemals verwirklicht werden.

 

Es ist allgemein bekannt, dass Menschen, denen gelehrt wird, unter allen Umständen zu vergeben, ihre Lehren nicht praktizieren und wahrscheinlich nicht praktizieren können, da dies auf lange Sicht weder im Interesse der Menschheit noch im Interesse der Moralität selbst ist. Gleichermaßen haben Menschen, denen gelehrt wird, streng Vergeltung zu üben, wenig oder kaum Respekt für menschliche Tugenden und kümmern sich weniger um moralische als um allgemeingültige Regeln. Der Islâm - die göttliche Pflege der menschlichen Natur - hat hingegen die richtige Antwort auf Probleme der Menschen. Hinsichtlich der Übeltäter, die auf eine zweite Chance blicken, sich möglicherweise bessern oder Nutzen daraus ziehen, wenn man ihnen vergibt, ist es empfehlenswert und wünschenswert zu vergeben. Hinsichtlich derjenigen, die den Zweck der Vergebung missverstehen könnten oder versucht sind, dem falschen Kurs zu folgen, ist Vergeltung in gleichem Maß allerdings zulässig. Daher ist die Haltung des Muslims in jedem Fall vernünftig und nutzenstiftend. Vergibt er, so erfreut er Gott, behält die Oberhand und trägt zur Besserung des Übeltäters bei. Übt er Vergeltung, so verteidigt er das Recht, sorgt für Ordnung und Gerechtigkeit und hilft dabei, das Verwerfliche zu unterbinden. Was ist nun einwandfreie Moral? Die Haltung eines Menschen, der sich schonungslos und willkürlich rächt, oder die Moral eines Muslims, der Platz für Barmherzigkeit und Vergebung schafft und außergewöhnliche Umstände berücksichtigt? Und wer ist im Normalfall einwandfrei: Derjenige, der vergibt, weil er weiß, dass er keine Vergeltung üben darf, oder ein Muslim, der vergibt, wobei er sich völlig bewusst ist, dass er rechtmäßig Vergeltung üben dürfte? Was ist wahre Vergebung? Vergebung, die aus äußerem Druck und äußerer Untersagung anderweitigen Handelns resultiert, oder Vergebung, die aus Entscheidungs- und Handlungsfreiheit resultiert? Es ist nicht verwunderlich, dass die moralischen Prinzipien des Islâms vernünftig, einzigartig und anpassungsfähig sind: Sie sind die Anweisungen Gottes - der Quelle aller Güte und Moral.
 

 


Quelle: islamweb.net

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