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Weihnachten aus der Sicht eines Muslims

 

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Die Germanen schmückten sich und ihre Häuser mit Immergrün – meist Tannenzweigen – und Lichtern und es wurden Geschenke und Opfergaben unter immergrünen Bäumen dargebracht. Immergrüne Bäume galten als Symbol des Fortbestands, da diese Bäume selbst im strengen Winter ihr Grün nicht verloren. Bäume waren den Germanen heilig, sie sahen sie als Brücke zur Welt der Götter im Himmel, weshalb das „Sterben der Bäume“, also der Laubfall im Herbst von großer Bedeutung war.

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Für einen im Westen lebenden Muslim ist die Weihnachtszeit eine der anstrengendsten Zeiten, weil wir eine andere Einstellung zu den gegenwärtigen Feiertagen und Festen haben. Selbst in muslimischen Ländern kann es hinsichtlich dieser Angelegenheit zu Missverständnissen mit unseren christlichen Arbeitskollegen kommen. Die nachfolgende Abhandlung ist mein persönlicher Versuch diese Kluft zu überbrücken, um das islâmische Verständnis dieses Themas darzulegen.

 

Das Wort Weihnachten stammt aus dem altdeutschen ze de wîhen nahten (an den heiligen Nächten), „weihen“ ist ein altes Adjektiv für „heilig“; das englische Christmas stammt aus dem altenglischen „christes maesse“, was so viel wie „Messe Christi“ bedeutet. Dies war der Name der Festlichkeiten zu den Gebetsritualen, die in der Nacht zum 25. Dezember abgehalten wurden, um der Geburt Jesu  zu gedenken. Es gibt jedoch weder konkrete Informationen über das Datum seiner Geburt, geschweige denn über das Geburtsjahr. Ein Grund für diese Unklarheit ist die Tatsache, dass die Geschichten über seine Geburt, die im Neuen Testament in den Büchern von Matthäus und Lukas stehen, mehrere Jahrzehnte nach diesem Ereignis geschrieben wurden. Diejenigen, die darüber schrieben, gaben auch keine konkreten Datumsangaben zu den Ereignissen, die sie erwähnten.

 

Die christliche Kirche kümmerte sich die ersten Jahrhunderte recht wenig um das Feiern der Geburt Jesu. Weihnachten war weit weniger wichtig als Ostern, Pfingsten und Epiphanie (Dreikönigsfest) und hatte nur liturgische Relevanz. Das wichtigste christliche Fest war Ostern, das an dem Tag liegt, an dem aus heutiger christlicher Sicht Jesus auferstanden sein soll. Als die Kirche dann einen Kalender entwickelte, in welchem sie der wichtigsten Ereignisse im Leben Jesu  gedachte, wurde allmählich auch das Feiern seines Geburtstages wichtiger.

 

Da es keine Informationen über das Datum seiner Geburt gibt, musste ein Tag festgelegt werden. Die östliche orthodoxe Kirche und die unierten katholischen Ostkirchen, welche damals beide der römisch katholischen Kirche angehörten, wählten den sechsten Januar. Der Tag wurde Epiphanie genannt, was „Erscheinung des Herren“ bedeutet (i.e. der Tag der Fleischwerdung Jesu). Die westliche Kirche mit Hauptsitz in Rom wählte dafür den 25. Dezember. Aus einer Notiz in einem alten römischen Almanach (Kalender) weiß man, dass Weihnachten bereits im Jahre 336 n.Chr. am 25. Dezember gefeiert wurde.

 

Die Kirche war seit der Etablierung der römischen Kirche bis ins späte Mittelalter darum bemüht, heidnische Feste durch Kirchenfeste zu ersetzen, so wählte man für Weihnachten das Datum des Jupiterfestes, das zur Sonnwende stattfand.

 

Bei den Germanen entsprach es dem altgermanischen Julfest zur Wintersonnenwende, die in nördlichen Gefilden sehr wichtig war. So ist auch bis heute Weihnachten in den ehemals germanischen Gegenden wichtiger als das Osterfest, wohingegen in den südlicheren Mittelmeerregionen Ostern das Hauptfest ist.

 

In der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts akzeptierten die östlichen und westlichen Kirchen untereinander ihre Festtage, womit sie das heutige zwölftägige christliche Fest etablierten, das von Weihnachten bis zum Fest der „Heiligen Drei Könige“ dauert. Mancherorts wird der zwölfte Tag der Tag der Heiligen Drei Könige genannt, weil man glaubt, dass diese drei Weisen oder Magier das Kind Jesus  an diesem Tag besuchten um ihm Geschenke zu bringen.

 

Heutzutage ist Weihnachten mehr als ein eintägiger Feiertag oder ein zwölftägiges Fest. Es ist vielmehr ein Bestandteil einer langen Festsaison, welche zumindest den ganzen Dezember in Anspruch nimmt. In den Vereinigten Staaten beginnen die Feierlichkeiten bereits zum Erntedankfest und enden am 1. Januar, dem Neujahrstag, also nach einer Zeitspanne von ungefähr fünf Wochen. Tatsächlich ist das Fest ein unverzichtbarer Bestandteil der Konjunktur und der Dezember ist sicherlich der wichtigste Einkaufsmonat des Jahres.

 

Das Beschenken im Zusammenhang mit Weihnachten ist eine der ältesten Traditionen. Tatsächlich ist es älter als die Feier selbst. Als die Wahl des Datums für Weihnachten auf den Dezember fiel, geschah dies unter anderem auch, um mit den heidnischen Festen zu konkurrieren, welche etwa zur gleichen Zeit stattfanden. Die Römer feierten zum Beispiel die Saturnalien (zu Ehren Saturns) am 17. Dezember.

 

Es war ein winterliches Festgelage, bei dem geschmaust und Geschenke ausgetauscht wurden, am 25. Dezember folgte das Fest Sol Invicti, das Geburtsfest der Sonne, das auch die Germanen als Fest zu Ehren Juls – des Sonnengottes – feierten.

 

Die Germanen schmückten sich und ihre Häuser mit Immergrün – meist Tannenzweigen – und Lichtern und es wurden Geschenke und Opfergaben unter immergrünen Bäumen dargebracht. Immergrüne Bäume galten als Symbol des Fortbestands, da diese Bäume selbst im strengen Winter ihr Grün nicht verloren. Bäume waren den Germanen heilig, sie sahen sie als Brücke zur Welt der Götter im Himmel, weshalb das „Sterben der Bäume“, also der Laubfall im Herbst von großer Bedeutung war.

 

Auch andere Völker wie die Ägypter, Hebräer und Chinesen sahen in immergrünen Pflanzen ein Symbol des Lebens. Sie dekorierten in den sogenannten Rauhnächten um die Sonnwende ihre Häuser und Ställe mit Tannenzweigen, um Dämonen zu vertreiben, und stellten im Winter häufig immergrüne Opferbäume auf.

 

Für die Germanen war ihr Winterfest die glücklichste Zeit des Jahres, weil es das Passieren des kürzesten Tages des Jahres – irgendwann um den 21. Dezember herum – symbolisierte. Sie wussten, dass die Tage nun wieder länger und heller wurden. Der Monat, in welchem dieses Fest ausgetragen wurde hieß Jul, von welchem das englische Wort Yule – friesisch Jöl - stammt, das in Skandinavien noch heute Weihnachten bedeutet.

 

So fällt auf, dass viele Christen nicht wissen, dass Weihnachten eigentlich heidnischen Ursprungs ist. Die Römer feierten das Mahl der unbesiegbaren Sonne am 25. Dezember. Die frühen Kirchenväter wählten diesen Tag, um die Geburt Jesu  zu feiern, obwohl es innerhalb ihrer Religion keinen Grund gab dieses Datum zu wählen. Darüber hinaus behaupten viele christliche Gelehrte, dass Jesus eigentlich im Sommer geboren wurde. Dies würde mit dem folgenden koranischen Bericht übereinstimmen, der reife Datteln erwähnt, die auf Maria herabfallen: {Und schüttle zu dir den Palmenstamm, so lässt er frische, reife Datteln auf dich herabfallen.} [Sûre 19:25]

 

Allgemein sind viele christliche Feste heidnischen Ursprungs. Es scheint so, als entschieden sich die frühen Kirchenväter dafür die bereits vorhandenen heidnischen Feste beizubehalten und mit christlichen Namen zu benennen; und sie rechtfertigten diese Feste gar als Feierlichkeiten eines Aspekts ihrer Dogmen über das Leben Jesu . Heutzutage gibt es indes nur wenige, die sich an die Ursprünge der verschiedenen Gebräuche, die sie praktizieren, erinnern.

 

Das grundsätzliche Problem vieler Muslime in aller Welt ist nun, ob sie Weihnachten feiern sollen oder nicht. Ihre christlichen Kollegen betonen den säkularen Aspekt der Feier und die Notwendigkeit, sich den sozialen Bräuchen zu fügen, um in der Gesellschaft voranzukommen. Oft wurde mir gesagt, dass ich die religiöse Feier hinter Weihnachten vergessen und das Fest nur als sozialen Anlass betrachten sollte, so wie es vor allem in den Vereinigten Staaten zu verstehen sei.

 

In vielen Firmen in den USA ist es üblich zu dieser Zeit eine große Feier für alle Angestellten zu veranstalten. Ein Nichterscheinen macht einen zum Opfer von Verachtung. Irgendjemand muss jedoch die soziale Leiter emporsteigen, um unter anderem seine Chancen auf eine Beförderung zu verbessern, und es ist schwer dem Druck zur Anpassung standzuhalten!

 

Leider sind viele Menschen im Westen der Meinung, dass wir Muslime Weihnachten feiern sollten. Sie zeigen uns Beispiele anderer Nichtchristen, wie zum Beispiel den Juden und Hindus, die dem Schmaus beiwohnen. Sie finden es frustrierend, dass viele Muslime sich nicht dem sozialen Druck beugen und ebenfalls nachgeben. Es ist bedauerlich, dass sie nicht selbst ihren eigenen Maßstäben gerecht werden. Weder möchten sie von uns, dass wir Muslime sie dazu zwingen, unsere Feiertage zu zelebrieren, noch üben wir Muslime diesen Druck auf sie aus.

 

Schließlich müssen wir dem Qurân-Vers folgen, der besagt: {Es gibt keinen Zwang im Glauben.} [Sûra 2:256] Jedoch wähnen sich manche Anhänger anderer Religionen verpflichtet uns ihre Feiertage aufzuzwingen.

 

Tatsächlich habe ich vor Kurzem von jemandem gehört, dass es eine Beleidigung sei, dass wir nicht feiern. Aus diesem Grund fragte ich sie: „Haben Jesus  oder andere Propheten ihre Geburtstage gefeiert? “ Was sind also die Quellen, auf die sie sich stützen?

 


Quelle: islamweb.net

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